Nach zwei überlegendären Alben in den späten Achtzigern, waren die Thrasher um David White und Lee Altus eine der vielen Bands, die die Neunziger zunächst nicht überlebten. Wie viele ihrer Genre-Kollegen feierten dann aber auch Heathen auf dem 2001er THRASH OF THE TITANS-Festival ihr Comeback. Im Jahr 2010 legten sie dann endlich ihr furioses drittes Album vor: „The Evolution Of Chaos“. Diese Hammer-Scheibe wird bis heute ausgiebig betourt und sollte auch an diesem Abend im Fokus der Setlist stehen.
Zuvor haben aber noch zwei Support-Bands Gelegenheit sich vorzustellen. Den Anfang machen die Wacken-Metal-Battle-Gewinner von Dust Bolt. Die junge Meute aus Oberbayern macht auch sofort klar, dass sie nicht zu Unrecht zu den heißesten Nachwuchshoffnungen der gesamten Metal-Szene gehört. Klassische Thrash-Riffs und ein leidenschaftliches Stageacting – mit dieser Mischung kann man am heutigen Abend nur gewinnen. Dabei ist es auch eine tolle Geste der Headliner, dass bereits der ersten Band am Abend volles Licht, ein Backdrop und ein dicker Sound zur Verfügung gestellt wurde.
Ein Kritikpunkt bleibt bei den Jung-Thrashern jedoch hängen: Gerade wenn es um Songstrukturen und den Gesang geht, fehlt es bei Dust Bolt noch ein wenig an Originalität. Obwohl die Songs vom Debüt-Album „Violent Demolition“ ausnahmslos überzeugen können und die Band zwei begnadete Gitarristen in ihren Reihen hat, kommt ein dicker Slayer- und Kreator-Vibe immer durch. Da die Jungs aber noch am Anfang ihrer Karriere stehen, werden sie dieses Manko sicher schnell beheben. In der heutigen Form bleiben sie jedenfalls als grandioser Opener in Erinnerung.
Nach einer kurzen Umbaupause wird die zweite Runde mit den Amis Generation Kill eingeläutet - und auch diese Band sollte der geneigte Hörer auf jeden Fall auf dem Zettel haben. Erstens steht hier Exodus-Hasswürfel Rob Dukes hinterm Mikro und zweitens bietet seine Band eine wirklich einzigartige Mischung aus Prügel-Thrash der Marke Carnivore und sehr interessanten melodischen Versatzstücken. Gerade Gitarrist Jason Trenczer kann mit gefühlvollen Soli und psychedelischen Einsprengseln überzeugen.
Die Songs des 2011er Debüts „Red, White and Blood“ treffen durch die Bank ins Schwarze und es ist einfach eine Freude, Rob Dukes dabei zuzusehen, wie er seine regierungskritischen Texte herausrotzt. Wie auch bei Dust Bolt steht der Band die volle Produktion zur Verfügung und so kann Dukes‘ eindeutig-NICHT-Side-Project auch völlig überzeugen und sicherlich einige neue Fans gewinnen.
Doch die wahre Messe an diesem Abend zelebrieren eindeutig Heathen. Wiederum ist die Umbaupause recht kurz und der Bay-Area-Fünfer geht mit den aktuellen Songs „Dying Season“ und „Control By Chaos“ direkt in die Vollen. Was die Gitarristen Lee Altus und Kragen Lum aus ihren Klampfen holen, lässt sich mit Worten kaum noch beschreiben. Halsbrecherische Riffs, wahnwitzige Soli und dabei geben beide permanent Vollgas auf der Bühne. Auch Mr. Kaugummi David White ist stimmlich voll auf der Höhe und veredelt die progressiven Thrash-Nummern mit seiner einzigartigen Sirene. Auch wenn die Musik der Heiden nicht so knüppelhart ist, wie bei den Kollegen von Slayer, Exodus oder Testament, ist die Band dermaßen gut aufeinander eingespielt, dass der Nackenmuskelkater vorprogrammiert ist. Ebenfalls positiv fällt auf, dass sich Lee Altus heute angenehm zurückhält und zwischen den Songs keine bekifften Vorträge hält. In Sachen Publikumsunterhaltung kann sein Sänger David White sowieso durch seine sympathische und bodenständige Art überzeugen.
Die headbangende Meute vor der Bühne tickt dann auch bei den Klassikern wie „Open The Grave“ oder „Hypnotized“ kollektiv aus. Andererseits fällt das Material des herausragenden Comebacks „The Evolution Of Chaos“, von dem immerhin sechs Songs gezockt werden, überhaupt nicht ab. So ist das über zehnminütige Epos „No Stone Unturned“ dann auch der absolute Höhepunkt im Set. Mit dem Mitsing-Klassiker „Death By Hanging“ ist dann nach ca. 70 Minuten auch schon Schluss.
Das bleibt der einzige Kritikpunkt bei diesem tollen Konzert. Eine Zugabe hätte das Berliner Publikum, das die Halle immerhin angenehm locker gefüllt hat, auf jeden Fall verdient. Songs wie „Opiate for the Masses“ oder „Set Me Free“ gehören eigentlich zum Pflichtprogramm. Das ist aber Meckern auf sehr hohem Niveau, denn sonst war der ganz Abend ein voller Erfolg. Licht und Sound waren sehr gut – und das bei jeder Band. Heathen haben auch nach über 20 Jahren immer noch mächtig Feuer im Arsch und wählen offensichtlich passende und dennoch überraschende Vorbands aus. Ein komplett gelungener Tourauftakt also.
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