Dez. 07 - Helfahrt - Bayrisches Liedgut

MG: Guten Morgen Max, ich muss euch mal wieder ein Lob aussprechen, das war eine tolle Show am Samstag (08.09.07 - Anmerk. d. Red.). Hat mir sehr gut gefallen!


Max: Hi Ipp! Vielen Dank für Dein Lob und die tollen Fotos!helfahrt_logo_fmt.jpeg Ja, auch uns hat es wirklich Spaß gemacht auf dem „Rock for Roots“! Auch wenn die Organisation teilweise etwas chaotisch war. Wir hatten jedoch ein schönes Wiedersehen mit unseren Kollegen von Helheim, die uns auch gleich für nächstes Jahr nach Bergen eingeladen haben. Außerdem haben wir wieder eine Menge netter Leute kennen gelernt. Schön war’s!



MG: Apropos Helheim, wie verlief aus deiner Sicht eigentlich die Tour im letzten Jahr, ihr hattet ja das unsägliche „Glück“, nach dem eigentlichen Headliner die Bühne entern zu dürfen?


Max: Die Tour verlief an sich sehr gut und hat riesigen Spaß gemacht. Es war ein absoluter Jugendtraum, der in Erfüllung gegangen ist und wird uns noch lange positiv in Erinnerung bleiben. Eine Tour in einem Nightliner mit allem drum und dran kann einfach keine popelige Wochenend- oder Privat-PKW/Hotel -Tour ersetzen. Es ist nicht dasselbe und ich muss immer lachen, wenn ich von anderen Bands höre, sie würden „touren“, obwohl sie mit ihren eigenen Autos durch die Gegend eiern und nur am Wochenende 2 Gigs spielen. Aber jedem das seine. Black Earth Promotion, die Bookingagentur der Tour, haben sehr professionelle Arbeit geleistet, die Busse waren Spitze, genauso wie die helfahrt1_fmt.jpegVerpflegung in den einzelnen Venues und die restliche Organisation. Leider haben die Veranstalter vor Ort nicht wirklich ausreichend Werbung für die Tour gemacht - somit spielten wir oft vor nur 20-30 Zuschauern. Dies konnte jedoch nicht das Tourfeeling zerstören und wir genossen jeden Tag. Dass wir 5 von 10 Gigs erst nach Helheim spielen „durften“, war unser eigenes Verschulden, da unser damaliger Session-Drummer Linkshänder ist und somit jedes Mal das gesamte Drumkit hätte umgebaut und neu abgenommen werden müssen. Das wäre natürlich schwachsinnig gewesen und so begaben wir uns eben auf die Headliner oder besser gesagt „Rausschmeißer“-Position. Trotzdem blieben immer noch ein paar unerschütterliche Fans vor Ort und unterstützten uns inbrünstig. Und genau für diese Leute spielten wir dann auch. In der Schweiz war sogar nur noch ein einziger Gast anwesend, als wir die Bühne enterten. Doch da es nur fair ist, den Gästen, oder in diesem Fall dem Gast, das zu bieten, wofür sie bezahlt haben, gaben wir unser Bestes und der Abend wurde überraschenderweise einer der heitersten der Tour. Nach 5 Tagen stieg dann unser richtiger Drummer in München zu und die zweite Hälfte verbrachten wir auf unserer gewohnten zweiten Position. Für 2008 ist wieder eine Tour geplant. Diesmal womöglich länger als 10 Tage. Gemach, Gemach!



MG: Wie kamst du eigentlich auf die Idee mit dem „Ast-/Holz-Mikrophonständer“?


Max: Bei der Sache mit den Ständern aus Holz wollte ich unserer eigenen Naturverbundenheit Ausdruck & Nachhalt gewähren und um dies zu unterstreichen, wollten wir eben was „Innovatives“ bringen. Leider, leider gibt es schon jetzt eine Menge Nachahmer, was ich sehr schade finde. Kopieren ist schließlich keine Kunst und als Musiker sollte man doch kreativ genug sein, um eigene Dinge zu schaffen. Sicherlich kann ich es niemandem verbieten uns zu kopieren. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass man sich bei einer solchen Aktion wirklich wohlfühlt. Nur wer eigenes erschafft, hinterlässt Spuren.



MG: Wie laufen die Aufnahmen zum neuen Album und auf welchen Namen wird die CD hören?


Max: Die neue Scheibe hört auf den holden Namen „Wiedergang“ und wird erst im Februar aufgenommen. Im März-April wird diese dann veröffentlicht. Ansonsten läuft’s jedoch relativ anständig. Gestern sind 2 neue Lieder fertig geworden und an Ideen hapert es uns zum Glück auch nicht. Ich habe sogar schon Ideen für das dritte Album gesammelt. Aufnehmen werden wir das Album in den legendären Helion Studios. Wir denken einfach, dass diese Leute die fähigsten sind und die einzigen, die unseren Soundwünschen gerecht werden können. Wenn man das Beste will, muss man sich mit den Besten zusammentun. Wir haben gerade 2 Songs vorab produziert, um zu sehen, was noch geändert werden könnte und wie sich diese verhalten. Oft entwickelt sich ein Lied erst so richtig, wenn man es gehört hat ohne selbst zu spielen oder zu singen.



MG: Den Titel „Auf Nagelfars Deck“ finde ich übrigens klasse, da reiht sich automatisch etwas Düsteres, Bedrohliches mit ein in die Gedanken, wenn man das hört, eine sofortige Assoziation zu einem Schiff auf stürmender See. Und wenn ich mir so die bisherigen Songtitel anschaue, helfahrt2_fmt.jpegklingt das ganze CD-Konzept auch schon recht, um es mal plump zu sagen, „düster“. Wird es ein zweites „Lewwer duad üs slaav“ geben?


Max: Mit Deiner Vermutung hast Du durchaus Recht. Das neue Album wird in vielerlei Hinsicht nicht nur ausgereifter und bedrohlicher klingen, sondern auch um vieles düsterer. Wir haben uns im letzten Jahr sehr gesteigert und sind noch besser zusammengewachsen. Dies hat sich natürlich positiv auf den Songwriting-Prozess ausgeübt. Es ist eine klare Weiterentwicklung des bisherigen Schaffens und daher lag es auf der Hand „finsterer“ zu klingen, als wir das noch auf dem ersten Album taten. Allen Fans von „Lewwer...“ muss ich jedoch leider die Mitteilung machen, dass auf „Wiedergang“ keine Fortsetzung dieses Liedes zu finden sein wird. Das war eine einmalige Sache, zu der wir stehen. Aber krampfhaft versuchen eine Fortsetzung des Liedes zu schreiben zogen wir nicht in Betracht. Vielmehr sind wir auf andere Lieder stolz, welche Liebhabern von „Lewwer duad üs slaav“ bestimmt auch gefallen werden. In diesem Punkt sind wir uns ganz sicher.



MG: Worum dreht es sich diesmal bei den Liedtexten?


Max: Grob gesagt drehen sich die Liedtexte wieder um ähnliche Themengebiete wie die Lyrics auf „Sturmgewalt“. Die düsteren Gewogenheiten der Natur, deren mystische und mythischen Seiten. Sagen und Geschichten aus unserer Heimat Südbayern sowie aber auch die Wiederbelebung alter deutscher Dialekte wie z.B. bei dem Lied „Nu Distel, Nu Dorn“, welches dem Schaumburgischen entnommen ist. Dieses Lied stellt auch eine Hommage an die Götter der Naturreligionen dar, ist jedoch nicht in der für die momentane trendorientierte Zeit des Heidentums typischen Heldenbesingung und Huldigung bescheuerter Scheinrealitäten verfasst, sondern vielmehr rein metaphorisch gehalten. So wie bei fast aller unserer Texte es der Fall ist. Es ist für den aufmerksamen Leser gedacht, der sich durchaus mehr Gedanken über Letztgenanntes macht als manch kuhhornschwingende Bierdosen-Germanen.



MG: Eure Musik lädt auch nicht gerade zum Feiern in diesem Sinne ein, wie es bei manch anderen Genre-Kollegen der Fall ist, die viel mehr Wert auf stumpfe, bierselige Party-Musik legen und mit oberflächlichen Phrasen ihr „Interesse“ kundtun. Dennoch tummeln sich einige ernsthafte Pagan Bands in Deutschland und Umgebung herum, kannst du vielleicht einige davon empfehlen?


Max: Empfehlen werde ich keine! Jeder soll sich selbst seinen Musikgeschmack bilden, wie er will. Ich persönlich kann nur sagen, dass mir aus unseren Breitengraden die Band bzw. das Projekt „Waldgeflüster“ sehr zusagt. Das war es traurigerweise auch schon. Ich finde, dass der Begriff „Pagan Metal“ in den letzten Jahren stark an Bedeutung abgenommen hat. Damals war das noch irgendwie was Besonderes. Ich wurde sogar noch im Jahr 2000 ausgelacht, wenn ich verlauten ließ heidnischen Metal zu hören. Man mag’s kaum glauben. Viele Bands unseren Schlages schreiben sich daher ein „Black“ vor das „Pagan“, da sie womöglich mit dieser Beschreibung eine gewisse Ernsthaftigkeit unterstreichen wollen - immerhin bezeichnet sich mittlerweile ja jede zweite Kellerband als Pagan Metal. Auch wir haben das von Zeit zu Zeit auf Flyern verlauten lassen, um nicht so manchen Besucher, der womöglich Ensiferum-artige Klänge erwartet, abzuschrecken. Aber das sind doch alles nur Schubladen, die keinerlei Bedeutung haben. Ich persönlich kann mit diesem ganzen Zirkus nichts mehr anfangen und halte die Bands hoch, die meiner subjektiven Meinung nach wirklich Pagan Metal sind. Und dazu gehören sicherlich keine Gruppen die über blutige Schlachten, Hörner voller Met und einen personalisierten Götterglauben singen. Dass ich mit dieser Meinung so einigen an den Karren fahre, ist mir natürlich auch klar, doch ich spreche in dieser Angelegenheit bestimmt auch für den Rest der Band. Das ist nicht unser Metier und wird es niemals sein. Wer dennoch eine Bezeichnung unseres Stils wünscht, soll wissen: Wir spielen unsere Auslegung von Pagan Metal.



MG: Woher nimmst du eigentlich die altdeutschen Texte und wie lassen die sich übersetzen?


Max: Oh, das ist gar kein Altdeutsch, sondern Bayrisch, haha! Es ist einfach nur ein Auszug unserer Liedtexte, in diesem Falle „Luznacht“, auf unserer heimatlichen Sprache bzw. in unserem heimischen oberbayerischen Dialekt. Ich wusste nicht, dass wir Bayern schon so exotisch geworden sind. Die Schaumburgischen Passagen entnehme ich alten Volkweisen und Liedern, die ähnlich aufgebaut sind wie unsere „Gschtanzl“ - also kurze Einzeiler, die das wesentlich auf den Punkt bringen. Ich befasse mich schon relativ lange mit den Sitten und Gebräuchen unserer gemeinsamen Vorfahren - und damit meine ich jetzt nicht irgendwelche Krieger, die Römer massakrierten, sondern vielmehr um das, was vor 100-200 Jahren passiert ist. Und zwar in der gesamten Republik. Ich ziehe da keine lokalpatiotischen Grenzen auf - was sowieso absoluter Schwachsinn ist. Deshalb hatten wir ja auch das Lied „Lewwer duad üs slaav“ welches ja dem Friesischen entnommen ist.



helfahrt3_fmt.jpegMG: Findest du es wichtig, dass, wie in deinem Falle, man auf der Bühne Kleidung passend zur Musik trägt?


Max: Ein Auftritt bzw. die damit verbundene Darbietung vor einem Publikum, das Eintritt zahlt, und sich somit auch etwas erwartet, sollte immer in irgendeiner Weise herausragender sein als nur 5 Typen, die auf der Bühne mit den Köpfen wackeln. Dann kann man ja gleich zu Hause bleiben und sich die Band auf CD anhören. Ich finde daher schon, dass es wichtig ist, sich angemessen zu kleiden - natürlich kann man auch alles übertreiben - daher ist meine Kleidung, genauso wie die der anderen übrigens, sehr schlicht gehalten. Ein einfaches Bauernhemd und eine dazu passende Hose. Mehr nicht. Ich fühle mich in dieser Kleidung wohl und kann gleichzeitig auch mit ihr zur allgemeinen Live-Atmosphäre beitragen ohne mir fettige Pomenade oder Blut ins Gesicht zu schmieren oder mich anzuziehen wie im Zirkus. Die Musik steht natürlich klar im Vordergrund, doch ich bin der Meinung, dass es eine Frechheit ist, mit schlabberigen Jeans und Alltagsklamotten auf die Bühne zu gehen, um so den Auftritt zu absolvieren, da es erstens schlecht aussieht und zweitens Atmosphäre zerstört. Ein bisschen „Zier“ schadet sicherlich nie!



MG: Max, ich danke dir für deine sehr interessanten und ausführlichen Antworten und wünsche dir und Helfahrt auch weiterhin Erfolg, das Schlusswort gehört dir!


Max: Eher ich habe zu danken, für dieses interessante Gespräch und deine damit verbundene Unterstützung sowie jedem, der diese Niederschrift gelesen hat. Ich schaue schon mit Spannung und Erwartung dem Jahr entgegen und hoffe, dass dem einen oder anderen Leser dieser Zeilen auch unsere Musik gefallen wird. Unser neues Album erscheint Ende März. Alles weitere kann auf unserer Heimseite www.helfahrt.com in Erfahrung gebracht werden. Anbei möchte ich mich auch nochmal bei all unseren Freunden, Gönnern und Fans bedanken, die uns das alles ermöglicht haben!


Alles Leben ist ein Sterben - alles Sterben ist ein Werden.



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