Vier Alben in nicht einmal 10 Jahren. Auf jeden Fall eine amtliche Schlagzahl, die Thunder And Lightning seit ihrer Gründung vorlegen. Beschäftigen wir uns nun also mit der aktuellen Scheibe "In Charge of the Scythe".
Fest steht: Diese Platte braucht etwas Zeit. Nach dem ersten Durchlauf glaubt man noch, man hätte es hier mit einer relativ x-beliebigen Power Metal-Platte zu tun. Aber die Berliner verstehen es vorzüglich, interessante Melodien, klasse Soli und Versatzstücke aus anderen Genres einzustreuen, sodass man auch nach 10 oder 20 Umläufen immer noch neue Facetten im Sound des Quintetts entdecken kann.
Gleich der erste Song "The Booster Shot" macht aber schonmal klar wohin die Reise während der nächsten 58 Minuten gehen wird. Angezogenes Tempo, eingängiger Chorus, Hammer-Gitarrensolo, toller Songaufbau. Hier reihen sich auch das Thrash-lastige "The Unborn Truth", "The Last Rite" oder der erstklassige Titelsong mit ein. Eigentlich kann man hier alle Songs der Platte anführen, denn bei 11 Titeln ist nicht ein einziger Ausfall zu vermelden.
Auch die zweiten Albumhälfte hält mit der Ballade "The Day May Come" oder dem abwechslungsreichen "Soldier's Tired Eyes" absolute Sahnestücke bereit. Auch beim letzten Stück "Shadowlight" schöpfen die Berliner noch einmal aus dem Vollen ihrer kreativen Schaffenskraft und bauen ganz dezent sogar einige elektronische Versatzstücke und eine wunderbare weibliche Gesangsstimme mit ein.
Zwei kleine Kritikpunkte bleiben dennoch.
Erstens könnte Sänger Norman Dittmar durchaus etwas variabler singen. Der Mann ist zwar absoluter Profi auf seinem Gebiet, singt ausdrucksstark und hat die Songs jederzeit im Griff. Allerdings setzt er seine sehr geil klingende Kopfstimme zu selten ein, was der Platte einige epische Momente raubt.
Außerdem ist der Sound der Platte für meine Ohren viel zu zeitgemäß produziert, was sich vor allem bei den Drums bemerkbar macht. Diese sind bis zum Anschlag getriggert und lassen deshalb viel Dynamik vermissen. Allerdings ist dieser Drumsound, ähnlich wie die ordentlich in den Keller gestimmten Gitarren, wohl Geschmackssache. Meiner Meinung nach würde der Gesamtsound eher zu einer Melodic-Death-Band wie In Flames passen. Dennoch werden die guten Songs dadurch nicht geschmälert.
Fazit
Thunder and Lightning liefern hier eine wirklich gute Platte ab, die der Band eventuell den Sprung in die erste Liga des deutschen Power Metals bescheren könnte. Jedenfalls muss man den Berlinern Respekt zollen für den Mut, aus den Genre-Grenzen auszubrechen und sich und ihren Musikstil weiter zu entwickeln. Auf jeden Fall sollte jeder Leser mal ein Ohr riskieren, auch wenn der Sound Geschmackssache ist. Den Alteingessenen Helloween oder Rage tritt diese Platte definitiv kräftig in die vier Buchstaben, auch wenn DER eine Megahit noch fehlt. Aber das wird noch!
Eins noch: Extrem pornöses Plattencover!!!
Songwriting: 3/4
Sound: 2/4
Innovation: 1/2
Design: 2/2
Gesamt: 8/12
Tracklist
1. Boostershot
2. The Unborn Truth
3. Wheel of Life
4. The Last Rite
5. Torn in Two
6. In Charge of the Scythe
7. The Day May Come
8. End of the Road
9. Soldier's Tired Eyes
10. Two Sons in My Sky
11. Shadowlight
Unbedingt mal reinhören: Boostershot, The Unborn Truth, Soldier's Tired Eyes, Shadowlight, In Charge Of The Scythe
Line-Up:
Robert Rath - Bass
Steve Mittag - Drums
Benjamin Dämmrich - Guitars
Marc Wüstenhagen - Guitars, Vocals
Norman Dittmar - Vocals
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