Live Evil Berlin - Der Festivalbericht

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Bei der Premiere eines Festivals schwingt ja immer ein leiser Unsicherheitsfaktor mit: Passt das Programm? Klappen die Abläufe? Kommen entsprechend viele Metalheads? Zumindest letztere Frage kann man bei der Premierenausgabe des Live Evil Berlin aus vollem Halse mit "Ja!!!" beantworten. Das lauschige Cassiopeia platzte aus allen Nähten, die wenigen Tickets an der Abendkasse waren schnell restlos ausverkauft. Dadurch wurde Fotografieren zwar zu einem Ding der Unmöglichkeit, aber der Stimmung tat dies selbstredend keinen Abbruch. Selbst die ersten Bands konnten sich über einen massiv vollen Zuschauerraum freuen! Bei den Headlinern war dann logischerweise die pure Extase angesagt.


Für den Metal Guardian vor Ort: Maraike, Maacki und Kone.



Donnerstag, 26. Mai


Was soll man an einem Donnerstag Abend machen, wenn das große und legendäre Live Evil Festival erstmalig in der Hauptstadt gastiert? Da man aus diesem Grund sowieso schon total aufgedreht ist und der Bier-/Schnapsdurst eh schon ins Unermessliche steigen will, luden die Veranstalter zu einer Warm-Up Party ins Cortina Bob. Viele Metalheads haben sich das Spektakel nicht entgehen lassen: Das Bob war voll.


Die Osloer Nachash eröffneten den Abend mit angeschwärztem, melodiösem Black/Death. Allerdings schien die Arbeitswoche bei vielen Besuchern noch hart in den Knochen zu stecken. Verhaltenes Klatschen und wohlwollendes Nicken, mehr ging nicht. Die Norweger ließen sich davon aber nichts anmerken und zogen ihr Ding durch.



Zwischen den beiden Bands stand man bei bestem Wetter vor der Tür des Clubs, genoss die frische Luft und ließ sich die feine Briese durch die Achseln streifen, denn im Club war es heiß. Natürlich. Der Vulcano stand kurz vor dem Ausbruch! Und nun wurde alles etwas nervöser. Jedermann begab sich möglichst nah an die Bühne, denn niemand wollte sich diese Underground-Legende entgehen lassen. Die brasilianische Band fabriziert schon seit Mitte der 80er feinsten Black/Thrash, stand jedoch neben den Großen - wie Sepultura - immer eher im Schatten. Die Meute hatte nun mittlerweile beste Laune und war einfach heiß auf die Band. Ein gelungener Abschluss für die Warm-Up Party - so muss das sein.

(Maacki)



Freitag, 27. Mai


Der erste offizielle Festivaltag im Cassiopeia begann standesgemäß mit dem vollständigen Verkehrsinfarkt in der Hauptstadt, infolgedessen der Metal Guardian leider die erste Band Morbid Panzer verpasste, die aber laut Aussage der bereits unfassbar zahlreichen Augenzeugen ein massives Brett abgerissen haben.



Als zweite Band standen dann Hard Action auf dem Programm und zündeten erstmal direkt ein Hit-Feuerwerk vom feinsten. Dreckiger Rock'n'Roll mit einer angenehm punkigen Attitüden und dankenswert männlichem Gesang - mit dieser Mischung konnten die Finnen beim anwesenden Publikum einfach nur punkten. Nach 45 rotzigen Minuten lässt sich deshalb ganz klar konstatieren: Die Jungs haben die Chance genutzt und das bereits jetzt pickepackevolle Cassiopeia gerockt!

(Kone)



Ein bitterer Nachgeschmack ist nach dem letzten Occvlta-Konzert geblieben. Eine affig-übertriebene Fuck-Off-Haltung des Sängers - ein arroganter Kerl, der in die Menge spuckte, sich an Scheinwerfern festhielt und gegen Lautsprecher schlug. Selbst musikalisch konnte jene Performance nicht halten, was der überaus gelungene Demo Stuff versprach. Doch zum Glück wurde ich beim Live Evil positiv überrascht. Druckvoll, mit einer guten Portion Celtic Frost garniert und einem Sänger, der sich nicht auf seiner Attitüde ausruht - ein gelungenes Heimspiel für die Band.

(Maacki)



Doch nun kündigte sich DAS Highlight des Tages an. Eine echte Perle. Ein Dinosaurier der Metalwelt. Manilla Road waren sicher einer der Hauptgründe - auch für Besucher von außerhalb - den Weg zum Festival auf sich zu nehmen. Und die Band erwischte einen Einstand nach Maß: Schon bei den ersten Hammersongs "Death By The Hammer" und "Hammer Of The Witches" wurde fleißig mitgegrölt. Lauthals versuchten die Zuschauer beim grandiosen Gesang von Bryan "Hellroadie" Patrick einigermaßen mitzuhalten. Der Kerl, im sommerlich-bunt wirkendem Hemd, lieferte eine überragende Leistung ab. Auch Mastermind Mark Shelton hat alles gegeben, auch wenn er hin und wieder stark aus der Puste zu sein schien. Doch die Band war gut gelaunt, hat sich bei Technikern und vor allem bei den Fans innigst bedankt - das ist die Höflichkeit der Könige. Spätestens bei "Necropolis" und dem nachfolgenden "Crystal Logic" war bei jedem Zuschauer die Stimme weg. Trotz blutiger Stimmbänder wurde voller Inbrunst eine Zugabe gefordert woraufhin sich die Band nicht lange bitten ließ und ein enorm intensives Konzert und damit den ersten Festivaltag mit "Up From the Crypt" beschloss.

(Maacki)



Samstag, 28. Mai


Die ersten beiden Bands ZEX und Dungeon fielen leider dem Kater vom Freitag zum Opfer, aber spätestens bei den kölschen Jungs von Chapel Of Disease stand der Metal Guardian wieder in vorderster Front! Bei dieser Darbietung war wohl alles dabei, was das angeschwärzte Death Metal Herz begehrt. Man merkte einfach, dass diese Band schon eine Weile auf dem höheren Ast im Underground unterwegs ist und mit Live Gigs nicht spart. Das hatte zur Folge, dass die Mannen routinierte Abläufe und einen leider etwas emotionslosen Gesichtsausdruck an den Tag legten. Musikalisch gab es abwechselnd ganz große Gänsehaut-Gitarrenmelodien und Nackenbrecherriffs zum Niederknien. Das Finale wurde durch die zarten Noten von „...of Repetitive Art“ eingeleitet. Der fies-hallige Gesang plus Nebel und einer überaus passenden Lichtshow hüllte den Auftritt in ein Netz des Wahnsinns!

(Maacki)



Ohne Pause (was manchmal etwas anstrengend war), ging es sofort im kleinen Raum weiter mit Indian Nightmare. Ein totaler Kontrast zu den Death Metallern, denn hier hatten wir es definitiv eher mit etwas thrashig-schwermetallischerem Klargesangs-Kaliber zu tun. Hier stießen wir auch das erste Mal auf ein organisatorisches Problem: der Raum war voll bis oben hin! Man konnte zwar auf dem Klogang stehen und mit etwas Glück etwas sehen, aber das war dann nicht so richtig spaßig. Dann eben Bierpause!

(Maraike)



Auf der großen Bühne stand mit Degial bereits das nächste große Highlight in den Startlöchern: Die Herren hoben das Finsternis-Level des Festivals auf ein neues Maß. Schmitts Katze ist gegen diese blasphemischen Buben, aus dem idyllischen Örtchen Uppsala in Schweden, ein stinkend lahmer Fußabtreter. Erwähnenswert war ebenso die überaus professionelle und sehr gut aufeinander abgestimmte Bandstruktur. Da wurde nichts dem Zufall überlassen. Jeder kleinste Anschlag bei gefühlten 250 bpm schien präzise zu stimmen.

(Maacki)



Im kleineren Nebenraum standen Amulet in den Startlöchern. Warum diese Megaband keinen Slot im großen Saal bekommen hat, ist mir ein kleines Rätsel. Gewohnt energiegeladen begannen die Briten mit „Evil Cathedral“ und brachten den prall gefüllten Raum zum Beben. Haare, Haare, überall Haare - und Schnurrbärte. Geil! Die Jungs waren gut gelaunt und es sah aus, als würde Sänger und Frontsau Jamie Elton jeden Moment ins Publikum springen wollen. Klasse Gig mit enorm textsicherem Publikum, aber leider eher schlechtem Sound. Da hilft auch der zwischendrin auftretende Sensenmann nicht mehr...

(Maacki)



Die Italiener von Bulldozer ergänzten die Henkerstimmung etwas und gingen mit Kutte und Altar auf der Bühne. Sänger AC Wild hatte auch ein vampireskes Kostüm an, das die düstere Stimmung zusätzlich untermalte. Die Musik selber ging wieder eher in die etwas härteren Gefilde, durchaus auch mit Black Metal-Elementen. Mit der Zeit fehlte es aber ein wenig an Abwechslungsreichtum, ein bisschen mehr Power und Action wären wünschenswert gewesen.

(Maraike)



Und schon sind wir bei der letzten Band - also abgesehen von den zwei Bands auf der Aftershowparty, aber die fand ja woanders statt. Gegen 22.30 betraten Vorum die Bühne. Musikalisch wieder etwas härter, sogar geschminkt waren sie, wir hatten es hier eindeutig mit Black/Thrash zu tun. Insgesamt eine tolle Band! Nur schade, dass Musik kaufen im Anschluss nicht mehr möglich war, weil die Merchstände schon abgebaut wurden. Etwas nervig war bei den Finnen das permanente Penetrieren der Netzhaut mit Stroboskoplicht. Das hat zu sehr von der Musik abgelenkt. Trotzdem eine gute Show und wiederum ein sauwarmer Abschluss des offiziellen Teils des Festivals auf der kleinen Bühne.

(Maraike)



Samstag, 28. Mai - Aftershowparty


Die Aftershowparty war dann der eher unorganisierte Teil des Festivals. Da Vorum früher als nach Plan aufgehört haben zu spielen, stellte sich die Frage, ob sich die Zeiten der Aftershowparty ebenfalls ändern würden. Am Urban Spree angekommen, war die Location schon voll bis oben hin. Man hörte Musik aus dem Saal schallen, aber keiner kam rein. Es wirkte ein wenig so, als ginge die Party schon los, aber ins Venue kamen nicht mehr alle Zuschauer. Wer kein Ticket hatte, konnte es eh vergessen.



Nach gefühlten Ewigkeiten und leicht mürrischer Stimmung stand dann fest, dass vorher im Club noch eine andere Veranstaltung lief. Jetzt kam es drauf an den richtigen Stempel zu haben und auch der Metal Guardian brauchte zwei Diskussionsansätze um endlich Natur geniessen zu können. Auch hier hatten wir es mit einer netten Kombination aus Thrash und Heavy Metal zu tun. Antichrist gingen da noch etwas mehr in die Thrash-Richtung, aber der Kampf um den Einlass hatte sich definitiv gelohnt. Zwei wirklich coole Bands, die das Ende des Festivals verkündeten und live immer wieder eine Bereicherung sind.

(Maraike)



Und was bleibt?

Das erste Live Evil Berlin kann als voller Erfolg gewertet werden. Schon im Vorfeld versprach das überaus kultige Billing einiges - Highlights wie Manilla Road, Vulcano oder Amulet sieht man eben nicht an jeder Tankstelle. Im Nachhinein kann man ganz klar festhalten, dass es musikalisch eigentlich keine Enttäuschungen gegeben hat. Da haben die Veranstalter bei der Bandzusammenstellung ein mehr als glückliches Händchen bewiesen. Auf dieser Grundlage muss in den nächsten Jahren definitiv aufgebaut werden!



Jedes Festival hat bei seiner Premiere auch mit Kinderkrankheiten zu kämpfen und beim Live Evil war das ganz klar das Venue. Das Cassiopeia war schlicht und ergreifend zu klein. Dies wiederum kann aber auch wieder als Kompliment ausgelegt werden, da die jederzeit sehr freundlichen und hilfsbereiten Veranstalter ganz offensichtlich ziemlich geplättet waren von diesem unfassbaren Publikumsansturm. Daher verbuchen wir das mal unter Erfahrungswert und freuen uns auf das Live Evil Berlin 2017!

(Kone)

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