01. - 03.05.08 - XI. Fuck The Commerce - Altes Lager, Jüterborg

Ich war also beim Fuck the Commerce. Keine große Sache eigentlich, aber da mein Kumpel am Männertag arbeiten durfte (an dieser Stelle nochmal ein „Ha!-Ha!“), musste ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen.


Ich fahre also mit dem Zug nach Kaffhausen, steige wie auf der Internetseite beschrieben in den Bus und fahre bis Altes Lager/Flugplatz. Frage den Busfahrer nach dem Weg, da ich mich zwar bereits am Arsch der Welt, aber offensichtlich noch in einer Siedlung befinde. Und darf dann einige verdammte Kilometer durch die Brandenburgische Tundra dackeln, mit meinem Riesenrucksack auf dem Rücken, Bierrucksack vorn, Zelt und sperriger Isomatte. Nachdem ich die Hälfte meines Bieres durch Getreide und Saat trampelnd bereits vernichtet habe, nimmt mich ein netter Bombenlegerkollege noch die letzten paar hundert Meter mit.


Soviel zur Anreise. Zelt aufgebaut, Grill gebastelt und Bierchen. Lustige langhaarige junge Männer in rosa Röckchen, französische Grindcore-Zeltnachbarn und einige Lettische und Litauische Londoner (kein Witz) erheitern mir die ganzen nächsten Tage.



Am ersten Konzert-Tag dann, die erste Band stimmt die ersten Anwesenden schon ganz gut ein: Debt of Nature, die für einen Ihrer Songs aus dem Publikum eine kleine, zierliche Growlerin auf die Bühne ziehen, von der man eher niedliche Klänge erwarten würde. Sie ist aber eine gute und laute kleine Rampensau.


Darauf The Burning, die gar nicht darauf klar kommen, dass wir Deutschen hier um diese Zeit schon so besoffen sind. Dänische Thrasher die nicht nur feinen Knüppelmetal bringen sondern auch gleich mit dem neugelerntem Deutsch angeben: „Ick mokkte gerne Spil und Spass mit knusprige junge Mädchen mit Jumbo Busen haben.“ Sollte er später noch bekommen, es gab im Publikum tatsächlich während des Festivals mehrmals nackte Brüste zu sehen. Also, auch weibliche.


Urkraft und Bitterness kann ich leider nicht beurteilen, weil ich mich mit Grillfleisch auffüllen muss... Aber die Jungs von Sterbehilfe sind definitiv sehr gut gelaunt und verbreiten auch entsprechende Stimmung. Von der Einleitung „Wir sind Sterbehilfe und wir machen Punkrock“ erst irritiert, lasse ich dann erleichtert lustigsten Scarecore über mich ergehen. Weitergegrindet wird bei Gore, wobei ich noch einen neuen Bruder bekomme, einen Ellbogen ins Auge und ein Bier geschenkt.


Poostew gefallen mir nicht besonders, also gehe ich erstmal das Fressalienangebot checken: Pasta (also Matschnudeln in Tomaten- oder Kräuter-Sahnesauce) und Grillhähnchen (nie verkehrt), Bratwurst (was ne Überraschung) und natürlich Hot Dogs (die ich ekelhaft finde, die aber nach Aussagen anderer durchaus genießbar sind). Soft Eis (was man nicht in Gegenwart betrunkener rattiger Headbanger schlecken sollte wie ich bemerke) und Knoblauchbrot (wovon ich mich in den nächsten Tagen neben Grillfleisch und Alk nur noch ernähren werde) runden das Angebot ab.


Rechtzeitig zu Lay Down Rotten bin ich wieder an der Bühne, und diese Typen sind so großartig, ich bange mir das restliche Hirn raus. Death Metal wie man ihn sich nur wünschen kann, für mich definitiv das Beste, was ich auf diesem Festival zu hören bekomme. Ja, besser als fucking Illdisposed, die sich lächerlich machen mit Hasstiraden gegen das Publikum und sogar mit dem Rücken zu diesem spielen. (Wie überaus konsequent...) Musikalisch auch nicht gerade herausragend, weil offensichtlich nicht ganz motiviert, hör ich mir die gar nicht weiter an und gehe zum Lagerfeuer, das mehr rockt als diese Sensibelchen-Band. (Der Grund für ihr Verhalten ist mir bis Heute nicht klar.)


Am Freutag wird dann bei meinem neuen Bruder gefrühstückt, eine harte Mischung aus Met und Bärenfang, (sie schaffen es tatsächlich in 2 Tagen 10 Liter davon zu vernichten), während der Typ der mich anfangs ein Stück des Wegs mitgenommen hat, sich langsam wieder daran zu erinnern meint, eine Frau im Zelt gehabt zu haben. Es stellen sich zwei elementare Fragen: 1) Sah sie gut aus? 2) Wenn ja, wo ist sie hin? Nachdem er ein Kondom gefunden hat, ist er sich sicher, „dass da jemand war“ und schließlich findet er sie nackt in einem Zelt liegend. Sie: „Weisst du, wo meine Klamotten sind?“ Soviel zum sozialen Miteinander. Ich ziehe mit den dauerbreiten Grasfranzosen im Schlepptau zu Profanation und Deadborn, welche den interkulturellen Austausch musikalisch unterstützen. Scheint genau für die Franzmänner gemacht zu sein. An den Rest des Freitags erinnere ich mich nur dunkel, aber zum Abschluss haben Houwitser allen noch mal richtig eins in die Fresse gegeben. Eine so gut gemachte Death/Thrash/Grind-Mischung, dass keiner den Nacken still halten kann, sehr zu empfehlen.


Samstag halte ich mich dann mit dem Alkohol etwas zurück, mehr Essen und Kaffee um diesen Bericht schreiben zu können. Zuerst begrüße ich einen alten Kumpel aus Hesseland, der mit sehr verstrahlten Leuten angereist ist die dem Mann im rosa Röckchen schon fast Konkurrenz machen könnten. Fast. Auf dem Weg zur Bühne kommen mir drei Aschemonster entgegen, haben offensichtlich recht „dicht“ am Lagerfeuer gepennt.


Es beginnt mit In Demise, die mit Gitarren direkt unterm Kinn trotzdem noch hochgradig geilen technischen Death machen, mit viel Futter für die Knüppelfraktion. Stimmungsmacher pur, perfekt als Wecker für die komatösen Zombies die langsam aus den Zelten kriechen. Für den Mann im Rock wird noch „Vogelgrippe in der Kinderkrippe“ gespielt. Sowohl Internal Decay als auch Slit verpasse ich, dazwischen zu Flaying bange ich mir aber wieder ein paar Halswirbel ins Grab, schön brutal die Letten. Die anderen Letten auf dem Zeltplatz gehen auch schon gut ab und suchen jemandem zum Luft ablassen. Ob sie jemanden finden will ich gar nicht wissen, bin schon auf dem Weg zu Purgatory auf die ich und alle sich schon so vorfreuen. Und vor allem natürlich die Excrementory Grindfuckers! Verdammt, ich liebe sie! Eine Million witziger Kommentare, oft länger als die Songs, beste Stimmung im Publikum, alle haben sich auf sie gefreut, alle bangen, moshen und – ja, tanzen. Während Denial Fiend spielen, muss ich mir ein Grindfuckers Shirt kaufen, es geht nicht anders. Da die Jungs alles selbst vertreiben sind sie nur eine halbe Stunde am Stand und verkaufen selbst, wodurch jeder auch noch Autogramme abfassen kann.


Um 21:30 dann die portugiesischen Holocausto Canibal die als „gnadenlose Grindmaschine“ angekündigt wurden. Ja, oh ja, das sind sie. Eine Bühnenpräsenz von der sich andere noch eine Scheibe abschneiden können, offensichtlich ein sehr gut eingespieltes Team. Die Menge, denn man kann tatsächlich endlich von einer sprechen, tobt, es ist so voll als wäre tatsächlich mal jeder der Festivalbesucher vor der Bühne. Bombenstimmung – und dann noch Massacre! Einen schöneren Abend kann man kaum verbringen, so ziemlich jeder hatte sich auf sie gefreut, und sie enttäuschen keinen. (Im Gegensatz zu gewissen anderen Leuten, aber genug davon). Fragt mich nicht nach Songlisten, ich war wirklich zu beschäftigt mit bangen und Spass haben um irgendwann mal Notizen zu machen.


Als dann tatsächlich alles vorbei ist, was ich gar nicht so richtig realisieren kann, spielt noch My First Band im Partyzelt: ein Kinderschlagzeug auf dem Metalklassiker dargeboten werden. Da sag noch mal einer Metaller wären ernst und true und böse. Die After Party geht bis in den nächsten Tag, im Cocktailzelt werden noch zahllose White Russians und Mexikaner und wasweissichnochwas vertilgt, Menschen kriechen in - irgendwelche - Zelte und schließlich ist es vorbei. Leider war es leerer als im Vorjahr, aber lieber eine schöne, laute Familienfeier mit der Wahlverwandtschaft, als ein von Poppern und Emos überfülltes Riesenfestival. Fuck The Commerce XII – ich komme.


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