07.08.2016 - SOULFLY im Waschhaus, Potsdam

Potsdam hat aufgrund der unmittelbaren Nähe zu Berlin wirklich zu knabbern: Nur selten verirren sich Metalbands in die Landeshauptstadt, die dem Undergroundstatus tatsächlich entwachsen sind. Die etablierten Clubs - Waschhaus und Lindenpark - gehen in der Regel auf Nummer sicher und setzen auf bezahlbaren Mainstream, der sicher die Hütte voll macht. Offensichtlich möchte man einfach nicht riskieren, dass die Hallen halb leer bleiben - immerhin ist die Reisefaulheit der Berliner in das abschätzig als Vorort abgestempelte Potsdam legendär.


Deshalb war die Freude groß, als sich mit Soulfly ein wirkliches Schwergewicht der Szene ankündigte. Immerhin gilt Bandchef Max Cavalera als lebende Legende, nicht zuletzt aufgrund der bahnbrechenden Alben mit Sepultura, aber auch der sensationellen Nebenprojekte Nailbomb und Cavalera Conspiracy. Einige Tage vorher war die Show dann auch folgerichtig ausverkauft, weswegen die Veranstalter reagierten und das Konzert kurzfristig in die wesentlich größere Arena verlegten.




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Als Vorband stehen überpünktlich die Briten von Monuments in den Startlöchern - und schaffen es in Nullkommanichts einen Großteil des Publikums wieder auf den Hof zu vertreiben. Dabei ist die Band keineswegs schlecht, sie ist nur denkbar unpassend an einem Abend wie diesem, an dem die Zuschauer ganz offensichtlich auf einen gepflegten Moshpit aus sind. Dafür ist die extrem verkopfte, djentige Mucke des Londoner Quintetts aber denkbar ungeeignet. Auch die ausladenden, cleanen Emo-Gesangparts können nicht wirklich überzeugen, trotz Unterstützung vom Tape. So bleibt eine musikalisch erstklassige Band, die einfach verheizt wurde - zur falschen Zeit am falschen Ort.




Eine Umbaupause später ist es dann endlich Zeit für Max und seine Jungs. Die legen mit dem neuen "We Sold Our Souls To Metal" auch erstmal los wie die Feuerwehr, nach kurzer Zeit ist auch der Sound feinjustiert und die Meute vor der Bühne geht erstmal steil. Bereits an dritter Stelle wird der Sepultura-Smasher "Refuse/Resist" verbraten und hier wird der große Knackpunkt des Abends das erste Mal überdeutlich: Max Cavalera kann es nicht mehr. Punkt. Sein Markenzeichen war immer seine Stimme - wütend, geshoutet, anklagend. Doch davon bleibt nur noch ein emotionsloser Sprechgesang übrig, der zu der seltsam reservierten und entrückten Bühnenerscheinung der einstigen Legende passt. Seine Gitarre verkommt überdies auch immer mehr zum Schmuckstück, oftmals greift Max mit der linken Hand ans Mikrostativ und schrubbelt mit der rechten ziellos über die Seiten - komplett unhörbar selbstverständlich.



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Dabei hat die Show eigentlich alles, um ein Knüller zu werden. Cavaleras Band ist nämlich aller erste Sahne und feuert reihenweise grandiose Songs mit überragender Präzision in die Menge. Max' Sohn Zyon hat sich zu einem Trommelmonster par excellence entwickelt, Marc Rizzo trägt die Band an der Gitarre und Neu-Bassist Mike Leon (ex-Havok) steuert als einziger wirklich brutale Shouts bei. Das Publikum ist ebenfalls voll bei der Sache und schiebt bei Sauna-Temperaturen einen Moshpit nach dem anderen an. Aber immer wieder wird durch die Lustlosigkeit Cavaleras das Feuer aus dem Konzert genommen, die Handbremse nie komplett gelöst.




Deshalb bleibt eine realistische Einschätzung des Abends unfassbar schwierig. Einerseits werden Songs wie "Prophecy", "Arise" (verdammt noch mal!!!), oder "Eye For An Eye" auch in hundert Jahren absolute Megahits sein - vor allem, wenn sie mit solch unnachgiebiger Wucht wie von Soulfly präsentiert werden. Auf der anderen Seite schrammt Max Cavalera nur haarscharf an der völligen Selbstdemontage vorbei. Und das ist eigentlich ziemlich traurig.



Setlistpic by stahlzwerk

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