27.11.2016 - Amon Amarth + Testament in der Columbiahalle, Berlin

Fast auf den Tag genau vor 12 Jahren gastierten Amon Amarth im Columbia Club zu Berlin. Im Gepäck hatten sie als Vorband die seligen Impious und ihr damals brandneues Album Fate Of Norns - wahrscheinlich das schlechteste Album der Bandgeschichte, aber eben auch Heimat des Überhits "Pursuit Of Vikings". Im Jahr 2016 ist die Band endgültig in der Champions Leauge der Metalszene angekommen: Der neue Silberling Jomsviking entert kurzerhand die Pole Position der Albumcharts und als Supports sind die Bay Area-Legenden Testament sowie die schwedischen Stahlschmiede Grand Magus dabei, die gemeinsam mit den Headlinern für eine rammelvolle Columbiahalle sorgen. Ohne massives Kuscheln ist es definitiv unmöglich von A nach B zu kommen!



Leider beginnt das Konzert derart früh, dass viele Zuschauer und auch das Metal Guardian-Team Grand Magus verpassen. Doppelt ärgerlich, da das schwedische True Metal-Trio nach Aussage der bereits anwesenden Gäste eine intensive Show auf die Bretter gezaubert haben, die allerdings mit gerade mal 30 Minuten Spielzeit deutlich zu kurz ausgefallen ist.



Bereits um 19.50 Uhr startet daher das Intro der Co-Headliner Testament. Die Thrash-Urväter präsentieren ebenfalls mit Brotherhood Of The Snake ein neues Album und eröffnen ihre Show folgerichtig mit dem Titelsong. Diese Band ist - unabhängig vom persönlichen Musikgeschmack - einfach eine Offenbarung: Am Schlagzeug ballert sich der sichtlich abgespeckte Gene Hoglan mit der Präzision einer Atomuhr durch die hochkomplexen Knüppelorgien. Zottelmonster Steve DiGiorgio sorgt mit dem Fretless Bass für eine individuelle Note und unterstützt damit erstklassig das wahnwitzige Gitarristen-Duo Eric Peterson und Alex Skolnick. Letzterer geht zwar nach wie vor als Band-Elfe durch, so wie er gut gelaunt und leicht entrückt über die Bühne fidelt - seine Gitarren-Leads sind aber einfach nicht von dieser Welt! Diese einzigartige Zusammensetzung sorgt gemeinsam mit Frontindianer Chuck Billy dafür, dass die Show eigentlich ein absoluter Renner werden müsste, nur leider hört man davon überhaupt nichts. Der Sound ist derart verwaschen und matschig, dass es selbst für Eingefleischte schwer wird, die Songs voneinander zu unterscheiden. Sei es das brandneue "The Pale King" oder der Uralt-Gassenhauer "Over The Wall" - die komplette Show verkommt zu einem halligen Einheitsbrei. Trotz einer fantastischen Lightshow eine herbe Enttäuschung!



Völlig unverständlicherweise entern Amon Amarth nämlich bei hervorragender Aussteuerung die Bühne und machen damit sofort klar, wer heute Abend Chef im Ring ist. Die Schweden können es sich mittlerweile leisten, die bereits angesprochene Überhymne "Pursuit Of Vikings" bereits als ersten Song zu verbraten. Mutig, mutig - bei der Qualität des Backkatalogs aber auch kein Wunder. Dennoch ist es fast ein bisschen ärgerlich, dass man inzwischen vollständig auf die Songs der ersten Alben verzichtet. Auch von dem 2002er Überhammer Versus The World kommt nur das von Flammensäulen eingerahmte "Death In Fire" zum Einsatz. Abgesehen davon läuft die Band aber wie eine perfekt geölte Maschine. Frontvikinger Johann Hegg dirigiert die Menge mit sympathisch-eiserner Faust und seine Band überzeugt durch ultrapräzises Zusammenspiel. Vor allem Gitarrero Johan Söderberg verdient sich Extralob für seine überaus cremigen Leads. Neu-Drummer Jocke Wallgren (October Tide) fügt sich bei Songs wie "Destroyer Of The Universe" oder "Cry Of The Blackbirds" ebenfalls perfekt in das Gesamtbild ein.


Als optisches Schmankerl turnen ab und an zwei Jomsvikinger (Horst und Jochen) über die Bühne und fuchteln effektvoll mit allerlei nordischen Faksimiles herum, was ganz hervorragend gegen eventuell aufkommende Längen im Set hilft. Eine latente Gleichförmigkeit können selbst Hardcorefans von Amon Amarth nicht verhehlen, auch wenn die Nordmänner den Grat zwischen eingängig-stampfend und einem gewissen Selbstplagiat sonst perfekt beherrschen. Außerdem ist glücklicherweise das neue Album Jomsviking mit vielen Songs in der Setlist vertreten, wodurch auch wieder etwas mehr Geschwindigkeit in die Show Einzug erhält. Kurz vor 23.00 Uhr ist dann nach drei Zugaben - unter anderem "Guardians Of Asgaard" und "Twilight Of The Thundergod" - Schluss. Amon Amarth haben fett abgeliefert, auch wenn einige Wermutstropfen (vor allem der Sound bei Testament) das Gesamterlebnis deutlich geschmälert haben.

    Kommentare 1

    • Die Fake-Wikinger Jochen und Horst hätten, trotz toller Verkleidung, doch auf passendes Schuhwerk achten können. Es gab wohl zu Wikingerzeiten keine Adidas-Turnschuhe!!!! Es war eine geile Show: