Bellgrave — 20 Jahre und immer noch keine Gala-Band

Moin Ulf, erst mal Danke für das Interview und alles Gute zu zwanzig Jahren Bellgrave.

Zwanzig Jahre Bellgrave! Ist die Luft da mittlerweile raus oder brennt das Feuer heller den je?

Nö, die Luft ist nicht raus! Im Moment sind wir alle sehr stark in verschiedene Projekte involviert und haben bei Bellgrave mal etwas den Fuß vom Gas genommen. Wir haben eine EP songtechnisch fast fertig, werden diese aber erst 2018 angehen. Auch wenn das Feuer brennt, muss jeder mit seinem Treibstoff haushalten und das heißt, alle in Einklang zu bringen, ohne sich komplett irre zu machen. Wir waren noch nie allzu öffentlichkeitsgeil und versuchen auch weiterhin im kleinen feinen Rahmen zu bleiben.






Wenn ihr an die letzten zwanzig Jahre denkt, welche drei Ereignisse fallen euch da am ehesten ein?

Ein Konzert zusammen mit Entombed hat irgendwie den Kreis geschlossen. Aber auch unser allererstes Konzert gleich mit Bolt Thrower und Sentenced war für eine Dorfband der ideale Start. Es gab sonst sicherlich sehr viele großartige Momente. Die sehr lustigen Sachen würden aber immer irgendwen auch komisch dastehen lassen, also … ja, es gab auch immer etwas zu trinken bei uns!


Was möchtet ihr noch erreichen und wo seht ihr euch in zehn Jahren? Ihr werdet ja auch nicht jünger?

Quark! Das ist wie Lesen im Kaffeesatz. Wir werden sicherlich Musik machen, nicht in einer Tanzmusik oder Top-40-Gala-Band und gut is …


Ihr hattet ja Ende letzten Jahres euer Geburtstagskonzert in Wriezen mit eurem alten Sänger Inge. Könntet ihr euch vorstellen, eine Reunion mit ihm zu starten oder ist da bereits was im Busch?

Ui, gute Frage. Wir haben uns ja nicht ohne Grund voneinander getrennt. Als Bellgrave ist keine Reunion geplant. Ich kann mir aber durchaus vorstellen mit Inge wieder zusammen etwas zu machen, wenn der Rahmen ringsherum stimmt.


Inzwischen sind eure Texte ja ausschließlich auf Deutsch. Wie steht ihr zu euren alten Songs? „My Soul is my Gun“ ist ja noch Bestandteil eures Sets, aber was ist mit den anderen Songs?

Unser beständigstes Merkmal ist die Unbeständigkeit. Wir standen und stehen für Veränderung. Wir machen, was wir wollen und geil finden. Daher können wir auch im Set auf alle Phasen unserer Band zurückgreifen. Wir stellen das eh immer alles tagesaktuell so zusammen, wie wir es eben gerade möchten. Es gibt keine feste Setlist, die in Stein gemeißelt ist. Und ohne „My Soul“ kommen wir selten von der Bühne.


Wenn ihr euch entscheiden müsstet zwischen Underground-Band und Mainstream-Band, was würdet ihr für euch wählen und warum?

Ich tippe mal, du unterstellst im Bereich Mainstream auch davon leben zu müssen/können? Da sind wir wieder beim Lesen im Kaffeesatz.

Jeder will volle Clubs und eine geile Stimmung. Wenn das mit der Mucke, die wir gern machen, funktioniert, herzlichen Glückwunsch!

Anpassung an Trends, um größeren Massen zu gefallen? Nö! Wir sind keine Musiker, die davon leben müssen. Wir haben alle unsere Jobs und können unseren Kühlschrank dadurch füllen. Wir haben alle entweder als Gast oder fest ja schon in Bands gespielt, die nur von der Musik lebten. Das ist kein Zuckerschlecken.

Mainstream hin, Underground her. Wenn man nicht eine kritische Größe überschritten hat und regelmäßige Touren und Veröffentlichungen einen kontinuierlichen Geldfluss generieren, ist die Grenze zum mentalen Straßenmusiker eher fließend, da am Monatsende der Vermieter immer bezahlt werden will.


Gibt es bereits Pläne für eine neue CD? Was wird noch von Bellgrave kommen?

Songs und Pläne sind schon sehr konkret vorhanden, werden aber sicherlich nicht vor 2018 das Licht der Welt erblicken. Aber man kann ja mal ab und zu eine Auge auf unsere Seite werfen, vielleicht passiert ja etwas Unerwartetes.


Wie seht ihr die Berliner und Brandenburger Metalszene?

Meist in der Kneipe!




Bellgrave © Band Promo


Als Band seid ihr jetzt zwanzig Jahre Teil der Szene. Wie hat sich der Metal in dieser Zeit eurer Meinung nach verändert? Was hat das Internet und die sozialen Medien gebracht und wie hat sich Bellgrave dadurch verändert?

Wir uns im Grunde gar nicht. Wir rufen heute immer noch direkt an, wenn wir was wollen. Wir sind zwar auch im Internet vertreten, aber weit davon entfernt, Social-Media-Experten zu sein. Für neue Bands geht es manchmal scheinbar zuerst darum, Follower zu generieren, bevor musikalisch/inhaltlich was passiert. Da sich die Fanbase ja meist aus Altersgenossen speist, ist es logisch, dass jede Band da völlig anders agiert, da die Jüngeren ja doch eher Digital Natives sind und wir für die ja quasi aus der Steinzeit kommen.


Die letzte Frage gehört wie immer der Band! Was möchtet ihr den Fans und Lesern noch sagen oder was wünscht ihr euch von euren Fans bzw. was möchtet ihr euren Fans wünschen?

Respektiert jeweils den Anderen. Jeder kann hören, was er will, anziehen, was er will und sich gebärden, wie er will. Außer er ist ein verfickter Extremist in irgendeiner Richtung.

Sich selbst nicht „sooo“ wichtig und ernst nehmen ist auch immer ein feiner Zug.


www.bellgrave.de

jw

    Kommentare