Alles eine Frage des Zeitmanagements! „Es ist jetzt nicht so, als würde ich nur 3 Stunden pro Nacht schlafen“, gibt Lea Ciara Czullay zu Protokoll. Dennoch: Drei aktive Bands mit teilweise ordentlich gefülltem Konzertkalender und regelmäßigen Proben- und Songwritingsessions muss man erstmal unter einen Hut bringen. Hinzu kommt ein geregelter Job und fertig ist der Burn-Out. Normalerweise. Die Potsdamer Gitarristin steckt aber all das locker weg und hat obendrein in diesem Jahr ihr erstes Soloalbum aufgelegt.
Der erste Höreindruck von „The Story Begins“ verwundert vielleicht den einen oder anderen Hörer. Wer Lea vom Metalcore-Kommando Red Cardinal kennt, hätte wohl nicht derart bombastisch-symphonische und gleichzeitig verspielte Kompositionen erwartet. Der Grund für die musikalische Ausrichtung liegt aber auf der Hand: „Als ich angefangen habe Metal zu hören, waren es vor allem Bands wie Nightwish oder Lacuna Coil und ich hatte jetzt Bock Musik zu machen, die zu meinen Ursprüngen zurückkehrt.“
Dabei zog sich der Entstehungsprozess des Albums dann doch etwas hin: „Im Frühjahr 2017 habe ich mit dem Songwriting angefangen. Aufgenommen haben wir ab Herbst und die Gesangsrecordings waren dann tatsächlich erst Anfang 2018.“ Im Vergleich zu Veröffentlichungsverzögerungen von teilweise namhaften Bands kann aber konstatiert werden: Die Wartezeit hielt sich definitiv in Grenzen.
Ein vollständiges Album komplett ohne fremde Hilfe aufzunehmen ist natürlich quasi unmöglich. Glücklicherweise konnte sich die Gitarristin auf tatkräftige Unterstützung von Freunden und Bekannten verlassen. Für den voluminösen Klang von „The Story Begins“ zeichnet beispielsweise Adrian Magler verantwortlich. „Er ist Bassist bei My Inner Circle und ist jetzt an dem Punkt angekommen, wo er sich mit seinem Studio, Musikschule und Coaching unter dem Namen ‚Gitarrenfabrik‘ selbstständig machen kann.“ Damit wird Leas Debütalbum gleichsam zur Visitenkarte ihres technisch versierten Weggefährten.
Der Großteil der Kompositionen stammt dabei aber von ihr: „Der Song „Gone with the wind“ ist von Adrian. Das Grundthema vom Intro sowie vom Song ‚Heart Of Everything‘ wurde von der Pianistin geschrieben. Ansonsten stammt alles von mir, auch die Texte. Nur die Gesangsmelodien habe ich in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Sängern ausgearbeitet.“
Auf dem Album halten sich instrumentale Stücke und Songs mit Gesang die Waage. Da sich Lea vor allem als Gitarristin und nicht als Lead-Sängerin sieht, sprangen auch hier Vokalisten aus dem direkten Umfeld helfend zur Seite. Unter anderem ist My Inner Circle-Sänger Norbert zu hören. „Ich finde seine Stimme großartig und er musste einfach mit auf die Platte“, sagt Lea über ihn.
Ähnliches gilt für die weiteren Sänger: „Mit Julia, die „Bittersweet“ und „Melancholy“ singt, habe ich das erste mal zusammen gearbeitet. Sie ist eine Freundin von mir und ich habe sie mal als Sängerin in einer Popband gehört. Ich hatte dann halt noch im Hinterkopf, wie geil ich ihre Stimme finde. Mit Frances habe ich bereits seit 5 Jahren musikalisch zusammengearbeitet und wusste, dass ich gerne einen Song des Albums mit ihr zusammen erarbeiten möchte. Hannes ist der Shouter von Red Cardinal und es ergab sich dann relativ kurzfristig die Idee, dass er bei dem Song mit Frances gemeinsam die Vocals macht.“
Das extrem aufwendige Artwork stammt ebenso von einem Bekannten: „Die Gestaltung ist von Josef Schmidt. Er ist ein unglaublich toller Künstler, der viel im Filmbereich arbeitet und Szenografien macht. Er kommt musikalisch auch aus der Gothic- und Symphonic Metal-Richtung und ich habe gedacht: Wenn jemand passende Ideen hat, dann kann das nur Josef sein!“
Nicht wenige Konsumenten zeitgenössischer (Metal-)Musik könnten bei dem Stichwort „Gitarrensoloalbum“ eventuell abwinken. Nicht umsonst sind Gniedeleien von Zappa über Vai bis Malmsteen eher etwas für eingefleischte Griffbrett-Nerds. Im Gegensatz zu den Großmeistern baut die Potsdamerin aber mehr auf Einprägsamkeit und eindringliche Melodien: „Ich hätte die letzten 10 Jahre jeden Tag bis in die Nacht üben müssen, um technisch freakige Sachen hinzulegen. Es war mir aber klar, dass es das nicht ist.“ Auf jeden Fall kein Nachteil, denn somit weisen sämtliche Stücke auf „The Story Begins“ ein beträchtliches Maß an Pop-Appeal auf – auch wenn die Musikerpolizei vielleicht etwas enttäuscht ist.
Im Übrigen muss sich die Gitarrstin bei Konzerten auch hin und wieder mit mittelalterlich anmutenden Sprüchen auseinander setzen: „Ich habe das Gefühl, dass gerade die Metalcore-Szene teilweise unglaublich machohaft unterwegs ist. Da wurde mir zum Beispiel erzählt das Engl-Verstärker nur für Männer sind oder ich wurde beim Aufbauen als Groupie bezeichnet.“ Gerade für die ach so liberale Metalcore-Szene wirklich ein Armutszeugnis!
Nichtsdestotrotz blickt Lea Ciara Czullay optimistisch in die Zukunft. Nach der Veröffentlichung des Albums mit dazugehörigem Musikvideo in diesem Jahr, soll 2019 eine digital erhältliche EP folgen. Außerdem träumt die Potsdamerin davon, einmal mit einer ihrer Bands auf einem großen Festival aufzutreten. Als Solomusikerin plant sie weitere Konzerte sowohl in Bandkonstellation als auch allein mit Backing Tracks zum Beispiel auf Messen. „Die Musik ist längst nicht mehr nur Hobby für mich. Ich möchte mich im Musikbusiness etablieren, zum Beispiel als Live- oder Studiomusikerin und dabei den Weg einschlagen, mich weitgehend zu professionalisieren.“
Am Freitag, dem 2. November stellt Lea Ciara Czullay ihr Soloalbum live im Potsdamer Club Charlotte vor. Hier geht's zur Facebook-Veranstaltungsseite.
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