Denn hier, wo sich Hase und Fuchs noch gute Nacht sagen, fand dass fünfte und zugleich auch letzte Free Fall Festival statt. Bevor man allerdings Bands zu Gesicht bekam, musste der Atlas studiert werden, denn zuerst einmal will das Örtchen nämlich gefunden werden. „Nahe Berlin", wie es auf dem Flyer steht, ist nämliche eine arge Untertreibung. Von Potsdam aus brauchten wir mit dem Auto gut 1 Stunde. Bekannte aus Berlin brauchten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fast die doppelte Zeit.
Nach einer sehr amüsanten Fahrt kamen wir pünktlich zu Bloodsplattered an. Davor gab es aber erst einmal große Augen für den kleinen Veranstaltungsort. Ich würde mal sagen, dass zirka 600 Mann in der Brädikower Festkuhle ihren Spaß haben könnten. Dazu gab es zwei Getränkewagen, eine Imbissbude und einen Merchandise-Stand, der eher zum Ruhen als zum Handeln genutzt wurde, denn Händler fehlten völlig. Fazit? Klein, aber fein wie sich bald rausstellt.
Zurück zu den vier Freunden des Death Metals die heute Opener spielen dürfen. Bereits beim letztjährigen Rock for Roots durfte ich mir Bloodsplattered ansehen und im Direktvergleich gefielen sie mir dieses Mal besser. Die Band wirkte kompakter und besser eingespielt, als noch vor einem Dreivierteljahr. Nicht verwunderlich also das man gleich noch eine Zugabe spielen durfte. Ein solider Einstieg, bei dem bereits einige Fans am Rad drehten.
Setliste Bloodsplattered
1. Deathfuck
2. The art of shit
3. Splatter
4. Death
5. Apokalypse
6. Bloodsplattered
7. Torture
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8. Troops of Doom
Unsere Reise führt uns, nach einer mehr als miesen Umbaupausen-„Show" der untersten Schublade (Babylon lässt grüßen), weiter nach Rostock. Das Trio das nun kommt hat den eisigen Hauch der Küste mitgebracht... bzw. es versucht. Silent Leges Inter Arma spielen Black Metal. Black Metal wie man ihn schon viel zu oft gehört hat, denn das Material ist über lange Strecken einfach zu austauschbar und wirkte kaum auf mich als Hörer. Dabei hatte man aber einen interessanten Start hingelegt mit den viel versprechenden „Marsch" und „Ruthless Aggression". Erschwerend kommt hinzu, das Sänger/Gitarrist M:F und Bassist F:B sehr steif auf der Bühne wirkten und kaum Ausstrahlung besaßen, so wie man es für dieses Genre bräuchte. Für Letzteres geben wir dem Sonnenlicht und die fehlende Erfahrung mal die Schuld. Jedenfalls ging dem Gig schnell die Puste aus und man verlor als Zuschauer das Interesse.
Vor einer zweifachen Herausforderung stand nun Tormentor.
Die Truppe war a.) nur zu zweit auf der Bühne, da der neue Bassist erst noch eingespielt werden muss und b.) sind Thomas und Max gerade einmal 14-15 Jahre alt und damit eindeutig die jüngsten Festival-Teilnehmer. Vor und auf der Bühne! Jetzt kommt aber erst wirklich das Erschreckende, die Beiden verstanden es nämlich die Fans anzuheizen und in Bewegung zu bringen! Und die taten das nicht bloß aus Jux und Laune, weil „da zwei Kinder auf der Bühne stehen", sondern weil deren Thrash Metal Charakter hat. Okay, die Einflüsse von Tormentor kann man im Schlaf runterbeten, aber wer erwartet schon großartige Innovationen im Thrash Metal? Stilecht wird dann natürlich am Ende des Sets auch der Namensgeber geehrte. Ich bin gespannt wie es in einem Jahr um die Band steht, wenn das Line-up stabil ist.
Setliste Tormentor
1. Speaks your Testament
2. Killer Five
3. The Hidden beholder
4. Crazy fans in hell
5. Drum/Guitar Solo
6. Annihaltion of Life
7. We are the Roadcrew (Motörhead Cover)
8. Death is on your Site
9. Tormentor (Kreator Cover)
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10. Firelord
Mit 80iger Jahre Thrash hat die nächste Band nun nicht sonderlich viel am Hut. Humorgeschwängerten Death Metal mit Pferde-Thematik ist eher das Metier von Influenza Harlekin aus Nauen. Damit trifft die Band aber so gar nicht meinen Nerv und ich verabschiede mich nach zwei Liedern zu einem intensiven Gespräch mit Bratwurst und Brötchen. Vom Imbissstand aus konnte ich aber sehen, dass die Band dennoch Köpfe und Körper im Publikum in Bewegung brachte. Kein Wunder wenn man so viel Energie auf der Bühne entfachte und ständig in Bewegung war, das kann ja schließlich nicht einfach so ungehört verpuffen. Eine energetische Bühnenshow, da war die Bühne fast schon zu klein für.
Mit gut gefülltem Magen geht es dann wieder ab nach vorne, zu Abrogation die nun ihr Können zeigen dürfen. In ihrer 14 jährigen Bandgeschichte haben die vier Magdeburger bereits vier Alben veröffentlicht, die aber allesamt nicht die besten Rezessionen nach sich zogen. Teilweise kann ich es verstehen, denn die Lieder besitzen nicht unbedingt die Tiefe und Klasse, die dafür nötig ist. Aber als Ausgleich dazu hat Abrogation Seele und wird dadurch sehr sympathisch. Wie jede (nicht BM-) Band auf diesem Festival zeigte sich auch diese sehr Fannah und so wird die dreifache Zwangspause, als es Probleme mit dem Schlagzeug gab, unter anderem dazu genutzt, um dem Publikum Witze zu erzählen. Insgesamt ein guter Auftritt, live würde ich mir Lieder wie „Das Schwert des Propheten", „Fegefeuer", „Hexenhammer" und das abschließende „Ich bin der Sieg" ohne zu murren wieder anhören.
Mittlerweile hatte sich eine glasklare Vollmondnacht über das Land ausgebreitet und die Temperaturen nahe an den Gefrierpunkt (um die 4-5 Grad) getrieben. Um die Finger bei dieser Grabeskälte zu schützen, begannen Sado Sathanas ihr Set mit den „ruhigeren" Songs, weswegen ich keine Gewähr geben kann für die Reihenfolge der Setliste. Nach vier Liedern war das Auto aber eh verlockender, als der Black Metal aus Dresden und somit verabschiedeten wir uns für den Freitag. Mir ist die Tage wieder einmal bewusst geworden wie wenig mir das Genre im Moment gibt. Ja, technisch gab es an dem Auftritt kaum etwas zu meckern und den Fans gefiel es. Kein Wunder denn die Band war, wenn es um die T-Shirt-Präsenz geht, eh auf der Pol-Position in Brädikow. Aber der Funken „Eigenes" fehlte mir.
Setliste Sado Sathanas
Ein Kampf...
Winde über Ödland
Apokalypse
Herrschaft
Dunkelheit
Toth
Pestis
Vergebens...
Keine Zeit zum Rasten, am Samstag geht's gleich weiter mit Jehacktet und Svarthyr! Aber nicht für meinen Trupp, denn der kam erst gegen 18 Uhr eingeflogen, als beiden Bands schon längst Geschichte waren und Maggots gerade die Bühne betraten. In Sachen Timing sind wir unschlagbar, das muss man uns lassen. Auf das Trio aus Falkensee habe ich mich insgeheim schon gefreut, denn mein Bauchgefühl verriet mir, „Die sind was für dich!". Und Recht hatte er und wurde zum Dank dafür später auch noch mit der einen oder anderen Mahlzeit belohnt. Schnörkellosen, ursprünglichen Death Metal boten Maggots und mich interessiert jetzt brennend wie die Herren auf CD klingen. Live hat es mir zumindest sehr gut gefallen. Wer unter Death Metal eher etwas in Richtung Autopsy, Death Breath versteht und weniger die komplexen „Song"-Strukturen Marke Cryptopsy, dem lege ich diese Band wärmsten ans Herz.
Für den anderen Teil der Anwesenden kam aber gleich im Anschluss etwas. Ein Wiedersehen mit Bekannten gab es bei dem Berliner Death/Grindern von Diseased Ghoul, die dieses Jahr bereits zum zweiten Mal innerhalb von zwei Monaten meine harte Kritik überstehen müssen. Zum Glück für die Band hatte das Free Fall Festival einen halbwegs fähigen Menschen am Mischpult, ansonsten wäre der „Ghoulish Death Metal" wohl im kakophonischen Matsch untergegangen. Man sollte allerdings auch im Walde die Anlage nicht überreizen, denn es war mir oft genug einfach nur viel zu laut beim Free Fall Festival und die Ohren klappten die Hufe hoch. Mit „Decubitus" hat sich wohl auch schon ein bandinterner Klassiker gefunden, der das Set beenden darf.
Setliste Diseased Ghoul
1. Craniatomically satisfaction
2. Gutrot
3. Don't survive
4. xxx
5. Patchwork
6. Neurosis
7. Necrophile
8. Endless suffer
9. Bodyfarm
10. Decubitus
Nun schlug die (Dreiviertel-)Stunde von Veranstalter Christian Ernst. Er durfte jetzt zeigen, ob seine Qualitäten eher am Mikrofon und der Gitarre liegen oder ob er weiterhin besser Festivals organisieren sollte. In Bühnennähe hielt es mich aber nur kurz, da Hunger und Regen mich quasi dazu nötigten am Imbissstand Rast zu machen. Dort verfiel ich dann auch gleich in das ein oder andere Gespräch, wodurch die Band in den Hintergrund rückte. Von den Publikumsreaktionen her scheint es aber ein gelungener Auftritt gewesen zu sein, denn trotz anhaltenden Regens waren fliegende Haare zu sichten und die Meinungen von den Leuten, die mehr als ein halbes Ohr Stone to Throw gewidmet haben, waren durch die Bank weg positiv. Death/Thrash-Metal Fans mit Entdeckungshang dürfen also gerne mal ein Ohr riskieren.
Die Band mit dem weitesten Anreiseweg war dieses Mal Shadow Cult aus Malmö, Schweden. Ein kleiner Umweg über Spanien wurde auch noch kurzerhand eingelegt, denn die Wurzeln von Sängerin Violeta wollen gewürdigt werden, wie man bei „Ojos negros" klar heraushört. Zurück nach Schweden, denn genau wie ihre Landsleute von Arch Enemy fühlen sich Shadow Cult stark dem Death Metal hingezogen und präsentiert eine Sängerin an vorderster Front. Hier endet aber auch schon der musikalische Vergleich. Die Band auf der Bühne geht nämlich weitaus melodischer zu Werk und besitzt auch nicht das Mitreißende-Element von Arch Enemy (eine Band die ich übrigens auch nicht sonderlich gut leiden kann), dennoch locken sie die Leute unter den schützenden Dächern hervor. Ohne Violeta wäre die Band aber nur eine weitere unter (zu) vielen. Ein großes Fragezeichen schwirrte um meinen Kopf, wenn es um die Frage geht, wieso der männliche Teil der Band im Partneroutfit spielen durfte, ...
Setliste Shadow Cult
1. ...of man and hate
2. Evangelical terrorism
3. Ojos negros
4. The house of the wolf
5. The masquerade
6. Poetic justice
7. Time to fucking die
8. Carte blanche
9. Territory (Sepultura Cover)
10. The 4th monkey
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11. Chief rebel angel (Entombed Cover)
Der Semi-Headliner des Samstagabends stand schon hinter der Bühne bereit und war begierig darauf sein heidnisches Feuer in Brädikow zu entfachen. Das die Jungs von Helfahrt trotz ihrer relativ jungen Jahren, doch schon zu den Großen der Szene gehören, zeigten die Reaktionen der Fans und auch die Professionalität mit der die Band zu Werke ging. Sänger Max blieb immer am Publikum dran und animierte jenes. Das er für seine Musik lebt, sah und spürte man an der Inbrunst mit der Max seine Texte vortrug. Auf dem Live-Sektor bleibt die Band immer noch sehenswert obwohl mir das zweite Album von Helfahrt nicht so gut gefällt wie das Debüt. Aber auch weiterhin hebt sich die Band positiv heraus vom Einheitsbrei dieses klischeeträchtigen Genres.
Setliste Helfahrt
Nu Distel, Nu Dorn
Die Erde birgt den Tod
Luznacht
Drifa & Snior (neues Lied)
Herbst
Markomannenzorn
Sturmgewalt
Nach dem die Bajuwaren den Platz verlassen hatten, machten sich Todtgelichter daran, die Messelatte niederzureißen, die der Vorgänger so hoch angesetzt hatte. Dass man das Set mit dem sehr guten Larva vom letzten Album Schemen eröffnete, ließ viel hoffen, denn es bleibt auf Grund seines gelungenen Schluss-Riffs einfach im Ohr hängen. Die gleichzeitig auf zwei Gitarren gespielten Melodien sind ganz klar Todtgelichter's Stärke. Die nachfolgenden sieben Lieder waren dann fast durch die Bank weg gut, aber erreichten nicht noch einmal das hohen Niveau vom Eröffnungsstück. Der Fortgang von Sänger Mort wurde von Bassist Nils auch problemlos kompensierte und es scheint als fühle er sich mit seiner neuen Doppelrolle wohl. Qualitativ guter Black Metal, dem mehr Ausreißer in Richtung Larva und Segen fehlte. Zu gerne würde ich die Band auf der Bühne mit einem Didgeridoo-Spieler sehen. Auf CD funktioniert die Konstellation zumindest. Gegen halb eins ist dann für meine Gruppe und für Todtgelichter Schluss, denn die Kälte und der Regen fordern ihren Tribut und geleiten uns zum Wagen. Dadurch fielen für uns die Pestreiter weg, die das Free Fall Festival zu Grabe tragen dürften.
Setliste Todtgelichter
01. Larva
02. Erinnerungen Eines Wolfes
03. Segen
04. Blutstern
05. Neuer Song
06. Schlachtenruf
07. Hammer
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08. Von Hass Und Trauer
Was bleibt unterm Strich stehen? Ein weiteres, kleines Festival ist gestorben, das uns ein gemütliches Wochenende im familiären Kreise mit erstaunlich guten nationalen Bands bescherte und mal wieder wurde bewiesen, dass fernab der Riesen die kleinen Festivals das Herz der Szene sind. (Wenigstens wird man von denen auch nicht hinters Licht geführt. An dieser Stelle Grüße gen Dessau!)
Ipp
- Tormentor
- Helfahrt
- Free Fall Festival
- Brädikow
- Bloodsplattered
- Silent Leges Inter Arma
- Influenza Harlekin
- Abrogation
- Sado Sathanas
- Jehacktet
- Svarthyr
- Maggots
- Diseased Ghoul
- Stone to Throw
- Shadow Cult
- Todtgelichter
- Pestreiter
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