Schon seit geraumer Zeit veranstalten die Österreicher von „Rock The Nation" verschiedene lokale und auch herumreisende Festivals. So ziemlich jeder Metaller, der die letzten Jahre nicht unter einem Stein verbracht hat, dürfte schon mal vom Metalfest oder vom Heidenfest gehört haben. Jetzt ist also das Zugpferd des Vereins, das so genannte Paganfest an der Reihe. Allerdings führt der Name irre - so richtig Pagan ist eigentlich nur der Headliner Korpiklaani aus Finnland, doch dazu später mehr.
Nachdem der geneigte Besucher den happigen Eintrittspreis von 30€ gelöhnt hat, geht's pünktlich um 18 Uhr mit der ersten Band Swashbuckle aus New Jersey los. Die sind hierzulande trotz des heftigen Marketings seitens ihrer Plattenfirma NUCLEAR BLAST noch relativ unbekannt, was sich allerdings bald ändern sollte. Zu einem martialischen Intro stapfen drei Piraten auf die Bühne. Doch bevor die Zuschauer überhaupt voller Furcht an die Kollegen von Running Wild denken können, brettern die Haudegen in brachialster Old-School Manier los. Die Musik klingt ein wenig nach den endgeilen S.O.D., aber mit fetterem Gesang und noch fetteren Breakdowns. A propos fett: Einen Typen wie Sänger/Bassist Admiral Nobeard gibt's wohl auch nur im Metal-Kuriositäten-Kabinett. Da steht ein dicker, kleiner, bärtiger Mann mit Dreispitz und Plüschpapagei (!) auf den Schultern, brüllt wie ein Wahnsinniger und spielt dazu noch virtuos (!!) Bass. Als dann zu Songs wie „Back To The Noose" oder der Single „Cruise Ship Terror" auch noch ein riesiger Hai stilecht mit Taucherleiche die Bühne entert, wissen alle Besucher ganz genau: Hier sind wir richtig, das Chaos regiert.
Als dann nach erfreulich kurzer Umbaupause die Kanadier von Ex Deo vor die Meute treten, wird alles einen ganzen Ticken professioneller. Wo bei Swashbuckle noch die Gitarre im allgemeinen Soundmatsch etwas unterging, herrscht jetzt eine ausgewogene Mischung aller Instrumente. Die Band - eigentlich Kataklysm 2.0, nur mit geschichtlich-römischem Hintergrund - steht in Reih und Glied auf der Bühne und bangt wie ein Mann. Die Musik ist episch und meist sehr langsam und getragen, leidet allerdings etwas unter den gesampelten Keyboards, wodurch Kracher wie „Romulus" etwas an Wirkung verlieren. Trotzdem ein gelungener Auftritt, denn immerhin kommen sowohl die Bühne als auch Sänger Maurizio Iacono thematisch passend in Rüstung und Standarten daher.
Als die schottischen Jung-Piraten von Alestorm die Bühne entern, ist dann wieder Party angesagt. Nach unzähligen Touren und zwei Alben in den letzten beiden Jahren haben sich die Saufbrüder um Sänger und Keyboarder Christopher Bowes einen beachtlichen Fan-Anhang erspielt, der dann bei Mitsing-Smashern wie „Over The Seas" oder „Wenches & Mead" natürlich abgeht wie ein Zäpfchen. Der Sound geht zwar wieder etwas in Richtung Matsch, allerdings schafft es die Band trotzdem ihr Publikum zu fesseln. Dabei ist es auch egal ob man zu „Nancy The Tavern Wench" schunkelt oder sich zu „Keelhauled" die Rübe abschraubt, Alestorm machen einfach Spaß und den scheint die Band auch nach gefühlten 500 Konzerten immer noch zu haben.
Danach wird's Old School. Für viele Death Metal Fans betritt jetzt der heimliche Headliner des Paganfests die Bühne. Die Schweden Unleashed feuern gleich zu Beginn ihren Klassiker „Winterland" in die Menge und machen damit sofort klar, wer hier der Chef im Ring ist. Der Sound dröhnt laut und differenziert aus den Boxen, das Licht ist stimmig, die Gitarren-Soli göttlich und die Band präsentiert sich als unschlagbare Einheit. Front-Sympathikus Jonny Hedlund beweist mal wieder, wie richtiger Death Metal Gesang zu klingen hat. Gegen diesen Kerl klingt sämtliches pubertierendes Metalcore-Gehuste wie einen Flohfurz im Winde. Die Band tut es ihrem Sänger gleich und ballert entspannt einige alte und viele neue Songs der Marke „This Is Our World Now", „Midvinterblod" oder „Hammer Batallion" in die Runde, bevor mit „Death Metal Victory" der Schlussstrich unter diesen grandiosen Gig gezogen wird.
Es folgt die erste längere Umbaupause (also ca. 15 Minuten), die viele Besucher nutzen um den Biernachschub zu sichern, denn die nächste sichere Party-Bank steht schon in den Startblöcken. Die Apokylyptischen Reiter aus Thüringen haben wohl am meisten Fans mitgebracht und so regiert ab dem ersten Song („Wir sind das Licht") die absolute Reiter-Mania. Auf der Bühne herrscht immer Bewegung, die Zuschauer rasten zu Songs wie „Friede sei mit Dir" und „Es wird schlimmer" kollektiv aus. Als kleines Bonbon haben die Reiter noch eine mächtige Trommelshow vorbereitet, bevor dann am Ende eine Ische aus dem Publikum erst auf die Bühne und dann zu „Seemann" ins Schlauchboot und über die Köpfe des Publikums segeln darf. Nach der Mitgröl-Hymne „We Will Never Die" verabschieden sich die fünf Musiker von der Bühne und lassen eine ausgelaugte Menge zurück.
Auch für den Autoren ist jetzt Schluss, da er unter akuter Paganophobie (Die Angst vor Dudel-Bands) leidet. Deshalb gibt's jetzt den Korpiklaani-Gig aus Sicht unseres Gastschreibers Thomas.
Zu leichtem "fölkischen" Gedudel kommen dann endlich Korpiklaani auf die Bühne und man merkt schon beim ersten "Vodka!", dass die folgende Stunde sehr anstrengend für den Nacken wird. Und tatsächlich - selbst in den hinteren Reihen praktizieren die Besucher wildes Headbanging. Musikalisch werden so ziemlich alle last.fm Top-Tracks gespielt, auch wenn die Band dem frühen Publikumswunsch "Beer beer!" erst zum Ende des Gigs nachkommt. Gegen Mitternacht entlässt die Truppe nach einem tollen Konzert mit super Sound und angemessenem Licht das völlig ausgepowerte Publikum in die Berliner Nacht.
Was bleibt am Ende übrig? Eine äußerst gelungene Veranstaltung auf jeden Fall. 30€ sind zwar deftig, aber diesem Angebot von Klasse-Bands durchaus angemessen. Sound, Licht und Ambiente stimmten eigentlich den ganzen Abend, von kleineren Ausnahmen (Sound bei Alestorm & Swashbuckle etwas matschig; Korpiklaani als solche) mal abgesehen. Auf jeden Fall kann der Veranstalter mit Professionalität und einem guten Gespür für Bands überzeugen. Das sahen wohl alle 800 Besucher so, die einen tollen Abend erlebt haben und sich zufrieden ins Berliner Nachleben werfen konnten.
Schönen Dank für den Gastbeitrag von Thomas.
ko
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