Pünktlich um 18 Uhr öffnet die Tür des Postbahnhofs um die wartenden Besucher herein zu bitten. Die zu diesem Zeitpunkt noch überschauliche Menge an Fans wuchs aber rasch an und der Vorraum des Saals füllte sich zusehens. 18:30 wurden dann auch diese Schranke über wunden. Allerdings durfte man nochmal eine halbe Stunde warten bis der erste Act die Bühne betrat.
Die wohl im Moment am heißesten diskutierteste Metal Band in Deutschland, Varg, beginnen ihr Set, als wenn nie irgendwelche fragwürdigen Fotos an die Öffentlichkeit gekommen wären. Aber auch das Publikum zeigt keine Anzeichen von Verhaltenheit. Von Beginn an ist die Stimmung am kochen. Erst nach dem zweiten Titel äußert sich Sänger Philipp Seiler dann doch. Sichtlich genervt läßt er Phrasen wie: "Wir sind die unverstandenen Rebellen dieser Gesellschaft und werden trotzdem triumphieren" und "Nazi's - Fuck Off" fallen. Letzterer Spruch findet bei den Fans natürlich ausreichend Zuspruch. Eine klare Distanzierung sieht dann aber doch anders aus.
Schnell gehts dann auch musikalisch weiter. Und was man Varg anrechnen muss, sie begeistern. Auch wenn Schlagzeuger Silvester Grundmann sich einige Patzer leistet. Als dann nach dem Titel Wolfzeit Schluß mit dem 5-Song Set ist kündigt Philipp an, dass es eine "Autogrammstunde" geben wird, die am Merchendise Stand stattfinden soll.
Nach einer kurzen Umbaupause kommt die Überraschung des Abends. Arkona aus Moskau machen sich auf, neue Fans zu begeistern. Und tatsächlich, Sängerin Masha Arhipova mit ihren geschätzeten 1,55 Meter zeigt sofort, dass in ihr ein wahres Enegiebündel steckt. Die Dame mit dem Pelz nutzt die gesamte Bühne des Postbahnhofs um wild umher zu springen und zu tanzen. Auch wenn das letztjährige Album "Goi, Rode, Goi" bei den Kritiken nicht immer gut weg gekommen ist, zeigen die Russen, dass sie Live wahre Schlachten schlagen. So werden auch alle Besucher der Halle die "brothers" von Masha.
Auch wenn Gitarrist Sergej bereits zu Anfang des Sets einen Totalausfall hatte und erstmal sein Handwerksgerät neu verkabeln mußte, bekommen die Fans eine Show vom Feinsten geboten.
Leider hat man bei RTN immer ein knapp kalkuliertes Zeitkapital. Auch Arkona's Set endet für die meisten viel zu früh. Neue Fans hat sich das Quartett aber in jeden Fall diesen Abend erspielt.
Manche Tour Line Ups sind schon merkwürdig. Wie die Black Metal Band Dornenreich ins Billing des Paganfestes gerutscht ist, können viele Besucher nicht nachvollziehen. Nicht, dass Dornenreich musikalisch schlecht gespielt hätten, gepasst haben sie aber definitiv nicht. So merkt man auch schon beim ersten Song "Freitanz" der rein akustisch präsentiert wird, wie die Zuschauerströme sich Richtung Vorraum verlagern. Auch als mit Jagd dann härtere Klänge der Österreicher vorgetragen werden, bekommt der Saal keine Fülle mehr. Gut die Hälfte der Besucher geht lieber auf Toilette, holt sich neue Getränke oder schaut am Merch Stand vorbei. Schwere Kost, wie "Flammentriebe II" oder "Wer Hat Angst Vor Einsamkeit" findet nur bei den echten Dornenreich Fans Anklang.
Nach dem nächsten Umbau, dann etwas länger dauert, wird es voll auf der Bühne. Die acht Musiker der Schweizer Truppe von Eluveitie betreten die Bühne und beginnen sofort mit voller Power ihre Stücke zu spielen. Vom letztjährigen Akustikalbum "Evocation I" gibt es "Omnos", von Slania den Klassiker "Inis Mona", aber auch drei neue Stücke des am 19. Februar erschienen neuesten Silberling "Everything Remains As It Never Was" sind im Set enthalten. Die Live Power dieser Band ist unbeschreiblich. Wie Chirgel Glanzmann das Mikro maltretiert, wie Ivo Henzi die Gitarre quält, wie Merlin Sutter auf das Schlagzeug einhämmert. Getrübt wird die Performance allerdings dadurch, dass Eluvietie ihr gesamtes Set über mit technischen Problemen zu kämpfen haben. Bei den jeweils ersten Einsätzen bestimmter Instrumente reagiert der Tontechniker zu spät und es ist nicht viel zu hören. Auch die Mikro's von Chirgel, Anna und Meri müssen unter der Verzögerung leiden. Da sich dies meist nach ein paar Sekunden erledigt hat, kann das Publikum dennoch ausgelassen feiern.
Doch immernoch haben die Musiker mit der Lautstärke ihrer Monitore zu kämpfen. Und dieses Problem bleibt bis zum letzten Song bestehen.
Patrick Kistler und Kay Brem haben sich inzwischen gut eingelebt und sind auch nicht mehr weg zudenken. Allerdings fehlen die Kirder Zwillinge doch ein wenig auf der Bühne. Die Präsenz von Sevan und Rafi war einfach atemberaubend. Nicht desto trotz waren Eluveitie auch diesen Abend mal wieder einer der Höhepunkte des Paganfestes!
Als Headliner kommen Finntroll dann gegen 23 Uhr auf die Bretter. Die schwedisch singenden Finnen haben auch einen neuen Song im Gepäck. Zwar ist ihr neuestes Album "Nifelvind" zum Zeitpunkt des Berliner Paganfestes noch nicht erschienen (Release 22. Februar) dies tut dem Jubel der Menge bei "Solsagan" aber keinen Abbruch. Seit dem Rauswurf von Tapio Wilska 2006 schreibt der Gründer Jan "Katla" Jämsen wieder die Texte von Finntroll. Diese werden gekonnt von Mathias "Vreth" Lillmåns in die Menge geworfen.
Songs wie "Korpens Saga", "Blodnat" und natürlich "Trollhammeren" rücken den Postbahnhof geschätzte fünf Zentimeter näher an den Ostbahnhof.
Eine knappe Stunde spielt die nur zu sechst angereisten Finnen, bis mit "Jaktens Tid" der letzte Song eingeläutet wird. Ein würdiger Abschluss.
Wieder einmal beweist Rock The Nation ein gutes Händchen in Sachen Line Up des Paganfestes. Auch wenn hier und da Ausrutscher zu beklagen sind, war die Frühjahrsausgabe wieder ein voller Erfolg. Warten wir gespannt auf die Herbstausgabe und harren der Ding.
Bleibt noch zu sagen, dass Nebelmaschinen anscheinend immer beliebter werden. Dies erschwert die Arbeit im Fotograben natürlich, ab zu interessieren scheint das kaum jemanden.
dk
Kommentare