Feste Gewohnheiten sind schon was Feines. Irgendwie hat man den Eindruck, dass ein Jahr gar nicht zuünftig beendet werden kann ohne eine Show der wandelnden Hard Rock- und Metal-Ikone Lemmy und seine Gang. Im Gepäck haben MOTÖRHEAD anno 2010 nicht nur ein neues Album, sondern mit DORO und GRAND MAGUS zwei bärenstarke Supportbands. Schon ein ganz anderes Kaliber, als Dumpfbacke DER W im letzten Jahr.
Das Schwedische Power-Trio GRAND MAGUS hat an diesem Abend schon etwas die Gesäßkarte gezogen. Erstens muss die Band um Sänger und Gitarrist Janne "JB" Christoffersen bereits um 19 Uhr auf die Bühne und zweitens hört man dann eigentlich nur Matsch. Trotzdem können sie die wenigen Anwesenden mit ihrer arschcoolen, aber trotzdem sympathischen Bühnenpräsenz sofort überzeugen. Glücklicherweise ist auch der überragende Gesang von JB klar und deutlich zu vernehmen, sodass vor allem die schweren, mächtigen Songs wie "Iron Will", "Hammer Of The North" oder "Ravens Guide Our Way" überzeugen. Die Magie der eher flotten "I, The Jury" oder "Kingslayer" geht leider im allgemeinen Matsch etwas unter. Dennoch können die schwedischen Magier das eindeutig zu kurze Konzert als Erolg verbuchen.
Nach einer ziemlich zackigen Umbaupause eröffnet die Grand Dame der deutschen Hard Rock-Szene DORO ihr Set mit dem starken "Earthshaker Rock". Der Sound zeigt sich gegenüber GRAND MAGUS leider nur leicht verbessert, dafür punktet unsere First Lady mit starkem Gesang und engagiertem Stage Acting. Ihre Band präsentiert sich ebenso bestens aufeinander eingespielt und leidenschaftlich bei der Sache. Ob es allerdings so sinnvoll war, die unfassbar banale Wacken Hymne "We Are The Metalheads" und das schmalzige "Für Immer" in die Setlist einzubauen, bleibt fraglich. Zum Glück spielt DORO ansonsten viele WARLOCK-Stücke und beendet ihren Set mit einer sehr interessanten Version von PRIEST's "Breaking The Law" und dem Alltime-Smasher "All We Are".
Die Uhr zeigt gerade mal Schlag Neun, als die lebende Legende Lemmy Kilmister die Bühne entert und das Publikum mit einem unnachahmlich genuschelten "We are Motörhead and we play Rock'n'Roll!" begrüßt und der bereits völlig austickenden Meute "We Are Motörhead" und "Stay Clean" vor den Latz knallt. Natürlich ist der Sound auch beim Headliner nicht das Gelbe vom Ei, dafür aber so laut, dass einem die Plomben aus den Zähnen fliegen. Daher fällt auch eine fundierte Bewertung des folgenden neuen Songs "Get Back In Line" vom noch nicht mal erschienenden "The Wörld Is Yours" flach. Dafür gibt es aber alte Klassiker ("Over The Top", "Metropolis" & "The Chase Is Better Than The Catch") und neue Gassenhauer ("The Thousand Names Of God", "Rock Out" - natürlich with your cock out!) en masse. Drum-Tier Mikkey Dee prügelt sich wie immer energiegeladen durch das Set und kann vor allem mit seinem Drumsolo, das geschickt in "The Name Of Tragedy" eingebaut wird, punkten. Glücklicherweise findet sich auf wieder "Just 'Cos You Got The Power", der wahrscheinlich stärkste Motörhead-Song seit dem Weggang von Fast Eddie Clarke, in der Setlist. Dieses überragende Groovemonster beugt nicht nur sämtliche anwesenden Nacken mit unmenschlicher Kraft, sondern bietet auch Gitarrenmeister Phil Campbell die Möglichkeit, sich mal wieder richtig auszutoben. Die Stimmung erreicht aber ihren absoluten Siedepunkt mit dem brutalen "Killed By Death" und dem Überhit "Ace Of Spades" zum Ende des Sets. Nach einigen Zugabeforderungen spendiert uns Lemmy mit "Born To Raise Hell" einen lange verschmähten Klassiker, der sehr dynamisch von Doro und Nina C. Alice (SKEW SISKIN) unterstützt wird. Die finale Messe wird dann aber natürlich mit dem vom Strobo-Gewitter untermalten "Overkill" gesungen.
Was bleibt unterm Strich nach so einem Konzert. Erstens rockt Lemmy wahrscheinlich noch bis er hundert ist. Zweitens stecken MOTÖRHEAD immernoch locker einen Großteil der jüngeren Bands in die Tasche. Drittens: Warum muss ein MOTÖRHEAD-Konzert eigentlich um halb elf vorbei sein. Vielleicht braucht Lemmy inzwischen mehr Schlaf. Der sei ihm nach dieser überzeugenden Leistung aber auch gegönnt.
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